Mittwoch, 2. Juni 2021

#50 Booktalk - Die Hungrigen und die Satten

Hallo,

im April hatte ich "Die Hungrigen und die Satten" von Timur Vermes gelesen und dazu passend gibt es heute den Booktalk, der etwas länger als sonst geworden ist.




Mittlerweile gibt es die Obergrenze für Flüchtlinge in Deutschland. Um überhaupt Herr der Lage zu werden, befinden sich die Außengrenzen von Europa mitten in Nordafrika. Aus diesem Grund wurden mehrere Flüchtlingslager unterhalb der Sahara errichtet, in denen Millionen Menschen auf ihr Ticket nach Europa warten. Während die deutsche Starmoderatorin Nadeche Hackenbusch das größter der Lager für ihre Reportage "Engel im Elend" besucht, packt der Flüchtling Lionel die Gelegenheit beim Schopfe. Er macht sich mit über 150.000 anderen auf den Weg und stellt somit die Politik vor eine unüberwindbare Aufgabe. Wie reagiert man auf diesem Flüchtlingsstrom, wenn weltweit Menschen vor dem Fernsehbildschirm sitzen und das alles live verfolgen? Die Reportage erfreut sich sehr hoher Quoten und die Politiker sind vollkommen überfordert mit der Situation.

Direkt vorweg möchte ich anmerken, dass das Buch ein paar abgrundtief böse Textstellen durchtränkt mit pechschwarzem Humor beinhaltet. Nicht nur einmal saß ich kopfschüttelnd vorm Laptop während ich dem Hörbuch lauscht und konnte einfach nicht fassen, was der Autor fabriziert hatte. Hier wird das Thema "Flüchtlinge" absolut satirisch aufgearbeitet und die Medienlandschaft bekommt hier ihr Fett weg. Ihr wird der Spiegel vorgehalten und es wird wirklich oft gezeigt, was alles falsch läuft und wie verachtenswert manche Reportagen sind. 

Ob die Darstellungsweise wirklich so sein sollte, möchte ich an dieser Stelle nicht bewerten. Sie zeigt auf alle Fälle die Absurdität, die die Berichterstattung bei Zeiten annimmt und viele sich am Ende des Tages fragen sollten, ob das immer so sein muss. Schließlich geht es da um Menschen und an dem Leid derer verdienen sich eine Menge eine goldene Nase. Denn nur dramatische Schlagzeilen und ganz viel Tragik versprechen hohe Klickzahlen und ein Fortbestand des eigenen Arbeitsplatzes. Man lernt hier einiges über die Medienwelt und was für hässliche Seiten diese hat, welche durch die vielen Algorithmen nur noch hässlicher geworden sind. Hier werden einige Pressevertreter sehr überspitzt gezeichnet, was wirklich gut gelungen ist.

Der Autor stellt sich zurecht die Frage wie sich das alles mit den Flüchtlingen weiter entwickeln wird. Schon seit längerem wird von der "Festung Europa" gesprochen und hierzu kann ich nur jedem empfehlen sich zum Beispiel über Frontex schlau zu machen. Die geschilderten Szenarien im Buch sind einfach nur schrecklich und dabei absolut realistisch. Momentan weiß man noch gar nicht wo die EU mit ihrer Politik diesbezüglich hin will, aber das was sich streckenweise deutlich abzeichnet sollte jedem von uns zu denken geben.

Was mich richtig beeindruckt hat an der Handlung war, dass wirklich an alles gedacht wurde. Eine riesige Gruppe Menschen macht sich südlich von der Sahara auf dem Weg und das alles ist logistisch gesehen einfach nur eine Vollkatastrophe. Es sind mehrere Tausend Kilometer zurück zulegen und das ohne Busse, Züge oder dergleichen. Und man kann nicht einfach an der nächsten Tankstelle oder im Supermarkt Getränke kaufen. Hier wird an wirklich alles gedacht und genau das macht das Buch finde ich aus. Es ist nicht nur einfach eine Satire, die auf nach wie vor aktuelle Probleme aufmerksam macht. Sondern sie zeigt auch was passieren könnte und wie die Medienlandschaften das alles für ihren Vorteil nutzen wird.

Gefühlt wird durchgehend alles durch den Kakao gezogen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Dadurch wirkt es an einigen Stellen wie eine klamaukige Komödie, was je nach Thema wirklich schwer zu ertragen ist. Meistens habe ich dann eine Pause eingelegt, um in Ruhe über all das nachzudenken und es einfach mal sacken zu lassen. Es sind nun einmal keine kleinen Probleme, die hier genannt werden. Und vieles was hier passiert hat man ja in den letzten Jahre zu genüge in den Medien präsentiert bekommen. Trotzdem nimmt es mich jedes Mal mit und jedes Mal stelle ich mir die Frage wie Menschen ticken, die all das genannte tatsächlich unterhaltsam oder begrüßenswert finden. Und hiermit beziehe ich mich nicht darauf, dass ein Promi sich vor Ort erkundigt.

Das Hörbuch wurde von Christoph Maria Herbst vorgelesen und er haucht der Handlung Leben ein. Vor allem Nadeche Hackenbusch hat er sehr gut dargestellt und getroffen. Zu jeder Zeit konnte man heraushören wer von den Hauptprotagonisten spricht. Ich hatte mich jeden Abend darauf gefreut seiner Stimme lauschen zu können, da es an sich einfach ein toll gemachtes Hörbuch ist.

Alles in allem ist es ein wirklich gelungener, satirischer Roman, der fast schon an eine Dystopie erinnert. Da kann man nur hoffen, dass das alles niemals Realität werden wird. Es ist eine wirklich gelungene Gesellschaftskritik und zeigt einfach, dass sich vieles ändern muss.

Kennt ihr das Buch und wenn ja, wie findet ihr es?

Liebe Grüße

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