Mittwoch, 7. Juli 2021

#51 Booktalk - Den Mund voll ungesagter Dinge

 Hallo,

im Mai hatte ich "Den Mund voll ungesagter Dinge" von Anne Freytag gelesen und dazu passend gibt es heute den Booktalk, da ich einige Sachen problematisch fand.




An ihre Mutter kann sich Sophie nicht erinnern, denn einige Zeit ihrer Geburt haute sie einfach ab. Ihr Vater hatte aufgrund seiner Arbeit als Chirurg nicht immer so viel Zeit für sie und seit Monaten verbringt er seine Wochenenden in München bei seiner neuen Freundin, anstatt bei Sophie in Hamburg zu sein. Ausgerechnet 10 Wochen vor ihrem Abitur ziehen die beiden nach München, was ihr natürlich so gar nicht in den Kram passt. Es dauert nicht lange bis sie sich mit Alex anfreundet, das Nachbarsmädchen mit den grünen Augen. 

An sich ist es wirklich schön mal ein Jugendbuch zu haben, in dem es um zwei ineinander verliebte Mädchen geht. 

Der Schreibstil von Anne Freytag hat mir wirlich gefallen und man fliegt nur so über die Seiten. Deshalb hatte ich das Buch in einem Tag komplett durch gelesen, einfach weil ich so gespannt darauf war wie es weiter geht und zu jeder Zeit ein klares Bild vor Augen hatte. Ihr Schreibstil ist halt sehr bildgewaltig und lässt sich gut lesen.

Und dann kommen wir jetzt zu all den Punkten, die ich richtig problematisch finde. An der ein oder anderen Stelle könnte ein Spoiler vorkommen, da ich ohne diese meine Kritik nicht begründen kann.
Zu allererst fällt der explizite Teil in diesem Roman auf. Das ist jetzt nicht weiter schlimm und für die Zielgruppe ganz okay, jedoch fand ich die Menge nicht okay. Manchmal hat man das Gefühl als ginge es nur darum, was bei minderjährigen Protagonisten einen wirklich bitteren Beigeschmack liefert. Und dann kommt dazu natürlich alles was währenddessen so zwischen den Zeilen oder eben ganz konkret genannt wurde. Man hat das Gefühl als hätte Sophie ein völlig falsches Verständnis von Geschlechtsverkehr und das führt dann dazu, dass sie ihn nicht mag. Immer wieder hat man das Gefühl als würde sie Beziehungen auf genau das reduzieren. 

Was mich ein wenig verwundert hatte war das Verhalten der 17-jährigen Sophie. Sie wirkt noch sehr Ich-bezogen und kindisch und merkt gar nicht, dass auch andere ein Leben haben dürfen. Deshalb hatte ich so meine Schwierigkeiten mit ihr warm zu werden, da sie es einem nicht leicht mag sie zu mögen.

Und dann kommen wir schon zu Lukas, der ja extra für seine große Liebe nach Paris gezogen war. Er nennt Sophie immer wieder "Flittchen", in Anlehnung an das Wort "Schneewittchen". Warum das vor allem in Bezug auf die Zielgruppe problematisch ist brauche ich wahrscheinlich nicht erläutern. Man nennt keine Frau/Mädchen so, egal wie lieb gemeint das ist. Auch sonst fällt er immer wieder mit negativem Verhalten auf und er scheint was Sophie betrifft keine Grenzen zu kennen. Ob diese sie ihm nie gezeigt hat oder nicht spielt keine Rolle. Hätte er einen Funken Anstand oder Respekt vor Frauen, würde er das alles nicht machen. Er stellt sehr konkrete Fragen in Bezug auf den Geschlechtsverkehr und man fragt sich, ob die Freundschaft zwischen Lukas und Sophie wirklich nur rein platonisch ist von seiner Seite aus. 

Passend dazu gibt es dann natürlich noch jemanden, der auch absolut keine Grenzen sind und absolut nicht in der Lage ist andere Personen zu lesen. Der braucht keinen Wink mit dem Zaunpfahl, sondern direkt mit einem kompletten Zaun und Neonschild. Hier könnte man ja meinen es läge einfach am Alter, aber das hat viel mit Erziehung und dem eigenen Umfeld zu tun. Warum ausgerechnet das ein beliebter Trope in Jugendbücher ist kann ich nicht nachvollziehen. Man sollte jungen Menschen beibringen, dass ein "Nein" zu respektieren ist. Und man eben nicht alles haben kann, was man im Leben haben will.

Allgemein hat man das Gefühl als wäre es ganz okay, wenn Mädchen sich gegenseitig lieben solange es nur eine Phase ist. Und das so eine Beziehung mehr Nachteile als Vorteile hat, was ich so nicht unterschreiben kann und so eine Aussage hat ohne Einordnung absolut gar nichts in einem Buch zu suchen.

Mit der Bewertung des Buches habe ich mir wirklich schwer getan, denn ganz oberflächlich betrachtet fand ich es gut. Ansonsten hätte ich es nicht innerhalb eines Tages durch gelesen und mir eher eine andere Beschäftigung für einen Samstag gesucht.

Doch dann fallen mir all die Details ein, die ich einfach nur schrecklich finde. Es ist so wichtig LGBT-Themen in Büchern zu integrieren, damit sich Jugendliche/Erwachsene in solchen Büchern wiederfinden können. Jedoch sollte das alles in einem angemessen Rahmen stattfinden und der wurde hier nicht eingehalten. An sich hätte ich bei der Einordnung in das Genre "New Adult" mit all dem weniger ein Problem, vor allem wenn die Protagonisten noch 2-3 Jahre älter gewesen wären. Und natürlich wenn die hoch toxischen Beziehungen/Eigenschaften auch als solches benannt wurden wären. Das fängt schon damit an, dass man sein Gegenüber nicht zum Geschlechtsverkehr drängt oder dass man seinem Gegenüber mit Respekt behandelt. Und vor allem geht man nicht fremd, führt über einen längeren Zeitraum eine Beziehung hinter dem Rücken des Partners und meint dann andere für genau dieses Verhalten beleidigen/degradieren zu dürfen.

Kennt ihr das Buch und wenn ja, wie findet ihr es?

Liebe Grüße

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